Europa – eine Bewusstseinsfrage?
Eine rhetorische Frage. Antwort: JA. Aber das Bewusstsein ist erst der Anfang.
Mein Beitrag zur Blog-Challenge des Wortweibs Margot Dimi
In meiner Jugend sprach man von der EWG, dem Zusammenschluss von (ursprünglich) Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, der Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland. Mir war klar, dass das W im Namen die wirtschaftliche Zusammenarbeit meinte. Der Buchstabe verschwand erst 1992. Zu diesem Zeitpunkt waren gefühlt sämtliche Länder des Kontinents “dabei”, außer die Schweiz natürlich. Lange hielt ich es für selbstverständlich, dass wir auch “dabei” sein sollten, um mitreden zu können. Mit der Zeit realisierte ich, dass die EU an unseren Spezialwünschen nicht sonderlich interessiert war und uns bei einem Beitritt einiges aufzwingen würde, nicht zuletzt den Euro. Letztlich sind aber die schon bestehenden und wohl noch bevorstehenden Verflechtungen viel zu komplex, als dass ich sie auch nur halbwegs durchschauen könnte.
Europa ist aber so wenig die EU wie unser Gehirn ein Computer oder der Mensch eine Maschine. Europa ist für mich ein lebender Organismus wie die ganze Erde einer ist. Und der Organismus Europa ist im Vergleich mit den anderen Kontinenten sehr stark differenziert, was ein Blick auf die Weltkarte schnell zeigt. Als Schweizer ist mir dieser Aspekt sehr geläufig; 10 km von meinem Wohnort entfernt klingt der Zürcher Dialekt schon wieder eine Nuance anders. Dass solch feine Unterschiede bestehen, macht es interessant. Sie sind Ausdruck von seelisch-geistigen Schattierungen innerhalb dessen, was Daniele Ganser die Menschheitsfamilie nennt. So wie wir Menschen individuell sind, sind es auch Menschengruppen. Diese Aussage ist nicht theoretisch oder hypothetisch, sondern auf wiederholter Erfahrung gegründet: Die rund hundert Klassen, die ich im Lauf meines Berufslebens unterrichtet habe, hatten alle ihren spezifischen Klassengeist. Ich bin überzeugt, dass dies wirklich ein reales Wesen ist. Genauso hat nun jede größere Menschengruppe, die eine Region wie z.B. das Harzgebirge bewohnt, ihren Geist – nennen wir ihn mal “Erzengel”, aber der Name tut nichts zur Sache. Ob wir nun von der deutschen Volksseele reden oder vom deutschen Volksgeist, da ist jedenfalls “Etwas”, das sich beispielsweise vom französischen Pendant wesenhaft unterscheidet.
In Bezug auf Europa sprechen wir nicht nur von verschiedenen Ländern und Völkern, sondern auch von Regionen wie Süd-, West-, Nord-, Ost- und Mitteleuropa, und auch da waren und sind jeweils größere geistige Wesen an der Entwicklung beteiligt.
Nun ist der Schritt nicht mehr schwierig – vielleicht braucht es etwas Mut – sich ein Europa-Geistwesen zu denken. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Wesen darauf wartet, bis sich ein größerer Teil der Bevölkerung sich seiner bewusst wird. Vielleicht könnten wir uns langsam abgewöhnen, über den Teich zu schielen zum großen Bruder. Wir könnten die Absurdität empfinden lernen, uns innerhalb Europas die Köpfe einzuschlagen. Wir könnten Russland und die Russen und ihre seelisch-geistigen Qualitäten schätzen und lieben lernen, statt dicht vor der Grenze Raketen zu stationieren, Und nicht zuletzt könnten wir würdigen, was in Europa die großen Geister – ich meine jetzt explizit auch Menschen – in der Vergangenheit geleistet haben. Wir könnten uns schlicht die Mühe nehmen, unsere Geschichte zu studieren. Wer waren die Kelten, wer war Parzival, Teresa von Avila, Bernhard von Clairvaux, Thomas von Aquin, Johann Sebastian Bach, die deutschen Dichter und Denker, ja: Denker!
Ob Europa eine Bewusstseinsfrage ist? Ja natürlich. Wie das Waldsterben eine war, in den Achzigern. Die Lehren damals: Verantwortungsbildung, Pflege des Umgangs mit der Natur.
Und die Lehren heute?
Ein großartiger Beitrag⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️
Oh, Respekt, dass du das so knapp fassen konntest! Ich hab mich auch diesmal in meiner eigenen Challenge verheddert und bin gerade dabei, es in Absätze mit Zwischentitel zu strukturieren.
Schnitzelland hat übrigens erst 1994 abgestimmt. Oder es wurde abgestimmt, wie ich es heute formulieren würde. Obwohl ich bis auf einen Menschen in meinem Umfeld nur Menschen hatte, die mit Nein stimmen wollten, hatten bei hoher Wahlbeteiligung 66,6% für einen Beitritt zur EU gestimmt. Ein Schelm …
Mein Beitrag kommt heute noch. Versprochen. Doch jetzt geh ich mal barfuß in den Garten.